Über Online Plattformen kann man mittlerweile zahlreiche kleine Dienstleistungen (engl. „Gigs“) im Internet buchen: z.B. einen Hundesitter über Leinentausch, eine Taxifahrt über Uber, oder eine Reinigungskraft über Helpling. Diese Plattformen werden als Online Marktplätze bezeichnet, weil sie Angebot und Nachfrage online zusammenführen. Da immer mehr Menschen über diese Plattformen eine Dienstleistung auf Abruf (engl. „On-Demand“) buchen, spricht man auch von der „On-Demand Economy“ bzw. der „Gig Economy“.
Die Jobs werden meist als selbstständige Tätigkeit abgerechnet, obwohl viele Indizien für eine abhängige Beschäftigung sprechen. Damit liegt der Verdacht der Scheinselbstständigkeit nahe, also der bewussten Verschleierung eines Arbeitsverhältnisses um Sozialbeiträge, Lohnsteuerzahlungen und arbeitsrechtliche Formalien zu umgehen. Scheinselbstständigkeit ist nach § 1 SchwarzArbG eine Form der Schwarzarbeit und stellt bei Missbrauch eine illegale Straftat dar, mit wichtigen Folgen für Auftraggeber und Auftragnehmer.
Überblick
Wenn man über die Plattformen Helpling oder Book A Tiger online eine Putzkraft bucht, dann wird die Dienstleistung als selbstständige Tätigkeit deklariert. Gegenüber regulären Putzagenturen, welche ihre Putzkräfte als Arbeitnehmer anstellen, sparen diese Plattformen damit die aufwendige Lohnbuchhaltung, die Sozialabgaben und fühlen sich nicht an das Arbeitsrecht gebunden. Dadurch können sie ihre Putzkräfte schon „ab 12,90 EUR pro Stunde“ anbieten.
Helpling hält die Abrechnung als Selbstständige Tätigkeit für legal:
„Alle unsere Prozesse und die absolute Autonomie der Dienstleister lassen keinen
anderen Schluss zu, als dass wir als Helpling Dienstleister sind, der eine
Plattform bereitstellt. Die Dienstleister, die über Helpling Auftraggeber
gewinnen und diese Beziehung über die Plattform managen, sind ebenso unsere
Kunden wie die Haushalte.“
Benedikt Franke, Gründer von Helpling
Nachtrag zu Book A Tiger:
Als dieser Artikel verfasst wurde, hatte Book A Tiger die Putzkräfte noch als Selbstständige abgerechnet. Seit 2016 hat Book A Tiger dieses Vorgehen jedoch beendet und angefangen die Putzkräfte sozialversicherungspflichtig anzustellen (siehe dazu auch Book A Tiger stellt Reinigungskräfte fest ein).
Viele Indizien sprechen aber dafür, dass die Putzkräfte bei jedem dieser Jobs eine abhängige Beschäftigung durchführen und dabei als Arbeitnehmer angestellt und auf Steuerkarte abgerechnet werden müssen. Denn:
- Die Putzkraft beschäftigt keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer
- Die Tätigkeit lässt typische Merkmale unternehmerischen Handelns nicht erkennen
- Der Putzkraft tritt nicht im Außenverhältnis auf und macht keine
eigene Werbung
- Arbeitszeit und Arbeitsort sind bei jedem einzelnen Job vorgegeben
Als Beleg dient ein Urteil des Bayerischen Landesgerichts zu einem ähnlichen Sachverhalt, bei dem die Putzkraft völlig frei in der Arbeitsgestaltung war:
"Die übertragenen Reinigungsarbeiten führe er bei freier Zeiteinteilung und freier Arbeitsgestaltung aus. Er arbeite nicht am Betriebssitz der Klägerin, sondern entscheide selbst, welche Objekte er reinige."
Das Gericht hat geurteilt, dass es sich um eine abhängige Arbeit handelt und dass Tätigkeiten dieser Art grundsätzlich nicht als selbstständige Beschäftigung deklariert werden können. Denn:
"Er setze kein eigenes Kapital ein und trage kein unternehmerisches Risiko. Es
bestehe keine Verlustgefahr, weil der Beigeladene ausschließlich seine eigene
Arbeitskraft einsetze. Die Reinigungsarbeiten erbringe er in der Praxis nur
höchstpersönlich. [...] Reinigungsarbeiten als Dienste niedrigerer Art die
Entfaltung und Entwicklung selbstständiger Tätigkeit und eigenständiger
Entscheidungskraft nur in nicht umfangreichen Rahmen zulassen."
Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts
Als Vorbild für die Putzplattformen Helpling und Book A Tiger diente ursprünglich das amerikanische Unternehmen Homejoy, welches 2010 gegründet wurde. Auch bei homejoy konnte man direkt online Putzhilfen buchen und auch diese Putzkräfte wurden als Selbstständige bzw. Freelancer („1099 contractor“) deklariert. Homejoy hat dann im Jahr 2015 Insolvenz angemeldet, als einige Putzkräfte versucht haben ihren Status als Arbeitnehmer („W-2 worker“) einzuklagen (siehe z.B. recode about the homejoy worker classification issue).
In der Eventbranche ist das Problem von Schwarzarbeit und Scheinselbstständigkeit besonders ausgeprägt. Zahlreiche Personalagenturen rechnen die Messehostessen, Eventhelfer und Promoter auf Gewerbeschein und damit als selbstständige Unternehmer ab. Auch Online Plattformen, die Eventpersonal für einige Stunden bis Tage vermitteln, werben mit "unkomplizierten Abrechnung über Gewerbeschein". Damit wird die korrekte Lohnabrechnung auf Lohnsteuerkarte umgangen, obwohl Gerichtsurteile definiert haben, dass es sich eindeutig um abhängige Beschäftigungsverhältnisse handelt, z.B. Messe-hostessen sind Arbeitnehmer oder Promoter sind Arbeitnehmer.
Teilweise versuchen Online Plattformen auch die kurzen Tätigkeiten als "Nachbarschaftshilfe" zu bezeichnen, die gar nicht versteuert wird. Nachbarschaftshilfe gilt aber nur für Fälle, bei denen man eine persönliche Beziehung zueinander hat und unregelmäßig sowie aus Gefälligkeit für einen kleinen Lohn aushilft, z.B. wenn ein Junge für ein paar Euro den Rasen seiner Nachbarin mäht. Der Zoll, auch zuständig für die Kontrolle von Schwarzarbeit, erklärt:
"Nachbarschaftshilfe liegt regelmäßig dann vor, wenn Hilfeleistungen von
Personen, die zueinander persönliche Beziehungen pflegen und in gewisser
räumlicher Nähe wohnen unentgeltlich oder gegen geringes Entgelt erbracht
werden [...] Bei bestehender Wiederholungsabsicht liegt jedoch eine nachhaltige
Gewinnerzielungsabsicht vor, sodass auch in der Regel gesetzliche
Verpflichtungen entstehen, auch wenn nur ein geringes Entgelt bezahlt wird."
Zoll Online
Gerade die persönliche Beziehung ist bei Online Plattformen aber vor der ersten Buchung nicht gegeben, sodass grundsätzlich der Bezug zur Nachbarschaftshilfe fehlt. Außerdem ist die Regelmäßigkeit ein prägendes Merkmal von Online Plattformen und auch die Minijob Zentrale weist darauf hin, dass regelmäßiges Hundesitting keine Nachbarschaftshilfe mehr ist, sondern als Minijob abgerechnet werden muss:
„Schwarzarbeit ist für viele immer noch ein Kavaliersdelikt. Dabei können
Bußgelder bis zu 5.000 Euro und weitere finanzielle Forderungen auf den
Arbeitgeber zukommen. [...] Sobald der Hundesitter regelmäßig mit dem Vierbeiner
Gassi geht und dafür monatlich bis zu 538 Euro erhält, ist er als Minijobber
anzumelden.“
Dr. Erik Thomsen, Leiter der Minijob-Zentrale
Das Beispiel Uber aus den USA zeigt, dass auch Taxifahrer nicht unbedingt Selbstständige Unternehmer sind. Bei Uber wurden alle Taxifahrten der Chauffeure als selbstständige Tätigkeit abgerechnet bis die California Labor Commission im Jahr 2015 für einen Präzedenzfall gesorgt hat. Sie entschied für einen Uber Fahrer, dass es sich um einen Arbeitnehmer handelt, mit der Begründung:
"Although some of the factors in this case can be indicative of the workers
being independent contractors, the overriding factor is that the persons
performing the work are not engaged in occupations or businesses distinct from
that of [Defendants]. Rather, their work is the basis for [Defendants’]
business."
Uber vs. Berwick
Lediglich bei sehr qualifizierten Tätigkeiten, die eine mehrjährige Ausbildung erfordern, einen hohen Stundenlohn bieten und gleichzeitig ohne Weisung von außen ausgeführt werden, scheint die Abrechnung als Selbstständige Tätigkeit korrekt. Ein Beispiel ist ein Masseur der online für 1 Stunde à 50 bis 100 EUR gebucht wird oder ein Handwerker der für die Reparatur der Waschmaschine gebucht wird. Die hohe Qualifizierung der Tätigkeit lässt eigenständige Entscheidungskraft im umfangreichen Rahmen zu und gleichzeitig zeigt der hohe Stundenlohn, dass die Selbstständigkeit nicht dazu dient eine prekäre Beschäftigung zu unterstützen.
In Deutschland gibt es mit der Kurzfristige Beschäftigung bereits in Arbeitsverhältnis, dass optimal geeignet ist um kurze, unregelmäßige Tätigkeiten abzubilden, die nicht hauptberuflich durchgeführt werden. Jede Person darf pro Jahr bis zu 70 Tage als Kurzfristig Beschäftigter arbeiten und bei ihr fallen zwar keine Sozialabgaben an, aber die Arbeit muss regulär versteuert werden. Sie ist damit auch für kurze "Gigs" geeignet die nur wenige Stunden oder Tage dauern.
Durch die Anstellung über einen Kurzfristige Beschäftigung Arbeitsvertrag werden die Dienstleister dann auch über ihre tatsächlichen Rechte als Arbeitnehmer informiert:
- Lohnanspruch auch bei Stornierung des Einsatzes
- Lohnauszahlung bis zum 15. Bankarbeitstag des Folgemonats
- Versichert gegen Schäden über die Online Plattform
- Keine Schadensersatzansprüche bei Erkrankung
Und sollte doch eine Person mehr als 70 Tage pro Jahr bzw. regelmäßig oder beruflich diese Dienstleistungen erbringen, dann kann er je nach Ausprägung ganz regulär als Minijobber (Geringfügige Beschäftigung bzw. "538-Euro-Minijob"), Midijobber (Gleitzonenverhältnis) oder Werkstudent (bei Vollzeit Studenten) angestellt werden.
Die InStaff & Jobs GmbH betreibt eine Online Plattform über die Sie Hosts / Hostessen für Messen, Events und Kongresse sowie Aushilfsmitarbeiter für Büro und Einzelhandel Jobs buchen können. Wir stellen das von Ihnen gebuchte Personal für jeden Job als Kurzfristig Beschäftigte Arbeitnehmer an und übernehmen für Sie die korrekte Abrechnung und Lohnbuchhaltung.
InStaff bietet Ihnen dafür einen Pool von über 70.000 geprüften Arbeitnehmer Profilen inklusive Profilbildern und Angaben zu Erfahrung, Fremdsprachenkenntnissen und Kundenbewertungen. Senden Sie uns ihre unverbindliche Personalanfragen und Sie erhalten innerhalb weniger Stunden eine Personalauswahl für Ihren Job.
InStaff zeichnet sich durch einen einfachen Buchungsprozess, eine selbst verwaltete Personaldatenbank und eine transparente Preisfindung aus. Durch die Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung garantiert Ihnen InStaff die 100 % Rechtssicherheit bei der Personalbuchung. Sollten dennoch Fragen oder Probleme aufkommen, können Sie unseren Kundendienst sieben Tage die Woche per E-Mail und Telefon erreichen.